Gemeinsamer Bildungsauftrag

Kinder haben von Geburt an ein Recht auf Bildung und auf förderliche Bedingungen für ihre Entwicklung. Dies ist die gemeinsame Verantwortung von Familie, Kindertagesstätte (Kita) und Schule. Da Entwicklungs- und Bildungsprozesse in starkem Maß von individuellen und sozialen Bedingungen abhängen, verlaufen sie von Kind zu Kind unterschiedlich. Auf diese Heterogenität der Kinder müssen Kita und Schule für eine bestmögliche Förderung adäquate Antworten finden, die zudem aufeinander abgestimmt sind. Denn Bildungsprozesse bauen aufeinander auf. Zurzeit ist die Anschlussfähigkeit von Familie, Kita und Schule bezogen auf Bildung, Erziehung und Betreuung bundesweit immer noch unzureichend. Der Erfolg hängt häufig vom Engagement einzelner Beteiligter ab. Es besteht zwischen Kita und Schule gemeinsamer inhaltlicher Entwicklungsbedarf, um zu abgestimmten Bildungskonzepten und aufbauenden Bildungsangeboten zu kommen.

Solche Vorhaben müssen professionell gestaltet werden und auf eine strukturelle Verankerung zielen, damit sie eine nachhaltige Wirkung entfalten können. Im Unterschied zu anderen europäischen Ländern ist die Kooperation in Deutschland erschwert durch unterschiedliche Ausbildung und Besoldung, die auch Ausdruck der unterschiedlichen gesellschaftlichen Wertschätzung der Arbeit in Kitas und Grundschulen ist. Zusätzlich trennend wirkt sich die Anbindung an verschiedene Ministerien (Soziales und Bildung) in einigen Bundesländern aus. Für die elementaren Bildungsmöglichkeiten wurde in den vergangenen Jahren viel getan. Derzeit steht der quantitative Ausbau von Krippenplätzen im Mittelpunkt. Es mangelt jedoch
an begleitenden Systemen für die Familien und letztendlich an Ressourcen und der Abstimmung der institutionellen Unterstützungsstrategien.

Der Grundschulverband fordert

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Gemeinsamkeit des Bildungsauftrags von Kita und Grundschule – gemeinsame Bildungskonzepte
Nicht erst in der Schule werden soziale und emotionale Kompetenzen entwickelt und Sach- und Umweltwissen erworben. Auch Zahlen und Buchstaben spielen für viele Kinder bereits weit vor dem Beginn der Schulzeit eine wichtige Rolle. Kitas und Grundschulen verbindet der Auftrag, tragfähige Bildungsgrundlagen in diesen Bereichen für alle Kinder zu schaffen, dabei die Unterschiedlichkeit der Kinder als Normalität wahrzunehmen und individuelle Lernwege in Zusammenarbeit mit der Familie zu unterstützen. Dabei muss immer an die individuellen Lernprozesse angeknüpft und Begonnenes weitergeführt werden. In einigen Bundesländern gibt es Bildungspläne für die Altersstufen von einem bis zu sechzehn Jahren, die noch mit Leben gefüllt werden müssen und mit Lehr- und Rahmenplänen abzustimmen sind. Dafür müssen sich Elementar- und Primarbereich gemeinsam über Lerninhalte, Methoden und angestrebte Kompetenzen verständigen und einander annähern.
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Verankerung von Kooperation in den Bildungskonzepten und in der Ausbildung
Aufgabe von Familie, Kita und Grundschule ist es, die jeweiligen Übergänge gemeinsam zu gestalten. Zum Wohl des einzelnen Kindes müssen Vereinbarungen über Grundlagen ge Standpunkte troffen und ein jeweils individueller Weg gefunden werden. Diese Kooperation zwischen den Eltern und den Institutionen ist ein Gebot der Bildungsverantwortung. Dabei sollen sowohl die Spezifika der Institutionen zum Tragen kommen als auch die Anschlussfähigkeit in den individuellen Entwicklungs- und Lernprozessen gesichert werden. Schulanfang, die Nahtstelle zwischen der elementaren und der schulischen Bildung, ist für alle Kinder ein bedeutsamer Einschnitt in ihr bisheriges Leben, der mit einem wichtigen Statuswechsel verbunden ist. Er bedeutet für das Lernen Neubeginn und Fortsetzung zugleich. Auf der Basis der bisherigen Erfahrungen sind Konzepte zur Zusammenarbeit zu entwickeln, vorhandene Konzepte zu koordinieren und in entsprechende Rahmenbedingungen einzubinden. Neben den Bildungsplänen der kooperierenden Einrichtungen muss allen an diesem Prozess Beteiligten die gelebte pädagogische Praxis der jeweils anderen Einrichtungen bekannt sein. Damit dies praktiziert werden kann, sind Ressourcen notwendig, die zur Verfügung gestellt werden müssen. Als Schwerpunkte der Konzeptentwicklung müssen insbesondere die Berücksichtigung der Heterogenität, die Beachtung individueller Themen, Fragen und Interessen der Kinder und der Anspruch auf inklusive Bildung aufgenommen werden. Entsprechende Inhalte gehören in die Ausbildung des sozial- und kindheitspädagogischen Fachpersonals und in die Lehrerausbildung. Eine von gegenseitiger Akzeptanz und Vertrauen geprägte, konkurrenzarme Kooperation trotz andauernder Statusunterschiede ist das Ziel. Über die Institutionalisierung der Kooperation werden Kitas und Schulen ihre Arbeit zunehmend als individuelle Begleitung des Kindes begreifen, sich an dessen Lernentwicklung orientieren und Heterogenität annehmen können. Konzepte von Entwicklungsdokumentationen nehmen dieses Anliegen auf.
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Abbau struktureller Barrieren für mehr Bildungsgerechtigkeit
Bildung ist ein Prozess von Beginn des Lebens an. Familie, Krippe, Kita und Grundschule sorgen gemeinsam dafür, dass den Kindern die Grundlagen für eine kontinuierliche Bildungsbiografie ermöglicht werden. Eine emotional und kognitiv anregende frühe Bildung wirkt lebenslang und ist in der Grundschulzeit bemerkbar. Deshalb benötigen junge Kinder neben der Familie die besten pädagogischen Fachkräfte. Wo für die Förderung von Kindern die internen Möglichkeiten nicht ausreichen, kann auf externe Fachleute nicht verzichtet werden. Es ist die Aufgabe von pädagogischen Fachkräften im Elementarbereich wie von Lehrkräften in der Grundschule, individuelle Unterstützungsbedarfe zu erkennen, einzuschätzen und gemeinsam für das Kind sinnvolle Lösungswege in der Gemeinschaft zu finden. So kann eine gleichwertige Bildungsbeteiligung aller Kinder gelingen. Zukünftig sollen Kita und Schule gleichermaßen in der Lage sein, Kinder in ihrer Entwicklung allseitig und in verschiedenen Bildungsbereichen wissenschaftlich fundiert zu fördern. Ein gemeinsames Bildungsverständnis und Bild vom Kind sind dafür ebenso Voraussetzung dafür wie erweiterte entwicklungspsychologische, diagnostische, pädagogische, kooperative und didaktische Kompetenzen aller im Elementar- und Primarbereich mit Kindern arbeitenden Personen. Der Grundschulverband fordert, dass in jeder Einrichtung des Elementarbereichs auch Kindheitspädagoginnen und -pädagogen mit einer Ausbildung mindestens auf Bachelorniveau für die Arbeit mit den Kindern beschäftigt werden. Das ist internationaler Standard und auch in Deutschland unverzichtbar. Zurzeit sind die externen Hilfesysteme nach Elementar- und Primarbereich getrennt und stehen aufgrund ihrer Ausstattung sowie rechtlicher Bedingungen nur unzureichend zur Verfügung. Die erforderlichen Spezialkompetenzen müssen bereichsübergreifend und in Standpunkt Kita und Grundschule Standpunkt Kita und Grundschule ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt werden. Konzepte z. B. zur Sprachförderung oder Angebote für Eltern (Elterncafé, Vorleseangebote usw.) sind aufbauend und partizipativ zu gestalten. Da Schulen insbesondere in städtischen Gebieten Kinder aus meist mehreren Kitas aufnehmen, müssen Lösungen gefunden werden, wie eine Kooperation effektiv gestaltet werden kann. Es ist Aufgabe der Kooperationspartner einer Region, ihr gemeinsames Einzugsgebiet in den Blick zu nehmen und hierfür Strategien zu erarbeiten. Familien sind in die Übergangsgestaltung als Partner einzubeziehen, dies muss von den Kitas und Grundschulen gemeinsam initiiert werden.
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das Recht auf kostenfreie Elementarbildung
Kinder haben ein Recht auf Bildung (Art. 28 der UN-Kinderrechtskonvention vom 20.11.1989). Deshalb ist für Kinder ab dem Kleinkindalter ein hochwertiges Bildungsangebot zu schaffen. Der Besuch einer Kindertageseinrichtung im Elementarbereich muss kostenfrei sein. Dies beinhaltet auch eine hochwertige und kostenlose Verpflegung der Kinder.
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