Brief der Verbände an Herrn Tonne

Sehr geehrter Herr Minister Tonne,

Ihnen geht es wie uns vor allem um eines: um gute Bildung.

Dafür war Ihnen die Umsetzung der Gebührenfreiheit in den Kitas sehr wichtig. Sie wollen damit im frühkindlichen Bereich gleiche Bildungschancen gewährleisten. Dieses Ziel muss jedoch auch für den schulischen Bereich gelten.

Ihr großes Ziel ist zudem, die Qualität in den Bildungsbereichen zu verbessern sowie die besten Lernbedingungen und Bildungschancen für alle zu schaffen. Das bedeutet für den schulischen Bereich unter anderem, eine auskömmliche Unterrichtsversorgung zu erreichen. Ein nachvollziehbares, lobenswertes Ziel. Ein Ziel, das sich aber ohne die Gewinnung von Lehrkräften und zusätzlichem Fachpersonal nicht erreichen lässt.

Genau wie Sie sehen wir im Lehr- und Fachkräftemangel ein großes Problem. Die Folgen erleben wir täglich in den Schulen. Das Problem zu benennen, heißt aber noch lange nicht, es zu beheben. Hier sind bisher keine konkreten politischen Schritte erkennbar, die dauerhaft für Abhilfe sorgen könnten.

Vielmehr drängt sich uns der Eindruck auf, dass die neue Landesregierung  ihre Politik eher an der Kassenlage orientiert als an den Erfordernissen einer guten Bildungspolitik im Interesse aller Beteiligten. Entscheidend für die Umsetzung der politischen Vorhaben sind die Menschen, die in der Bildung tätig sind. Wertschätzung der Beschäftigten und Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen gehören für uns untrennbar zusammen.

Wenn Sie dafür sorgen wollen, dass Schülerinnen und Schüler aller Schulformen die gleiche Chance auf gute Bildung erhalten, wenn Sie etwas gegen den Fachkräftemangel unternehmen wollen, wenn Ihnen ein hochwertiger Unterricht wichtig ist, dann geht das nur mit den in der Schule Tätigen! Um diese Ziele zu erreichen, sind aus unserer Sicht die folgenden Handlungsschritte unabdingbar:

Eine neue Arbeitszeitverordnung, die der Realität entspricht und spürbar für Entlastung sorgt.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studien (sowohl die drei von der GEW in Auftrag gegebenen als auch die vom SLVN sowie die Umfrage des MK) zeigen: Nicht nur die Gesundheit der Beschäftigten ist in Gefahr, sondern auch die Qualität des Unterrichts. Ein Alarmsignal für die Politik.

Die Anhebung aller nach A12/E11 bezahlten Lehrkräfte auf A13/E13.

Durch das gleich lange und gleichwertige Studium gibt es keine juristische Begründung für die unterschiedliche Besoldung mehr. Der Lehrkräftemangel ist besonders in Schulformen spürbar, in denen die Lehrkräfte bei signifikant höherer Unterrichtsverpflichtung geringer bezahlt werden. Viele – auch an Niedersachsen grenzende – Bundesländer setzen die Anhebung auf A13 bereits um. Wenn die Absolvent*innen der niedersächsischen Hochschulen nicht in andere Länder abwandern sollen, muss Niedersachsen dringend nachbessern. Das gilt auch für Schulleitungen. Die längst überfällige Anhebung der Leitungen von A12 Z auf A13 erkennen wir als ersten Schritt in die richtige Richtung an, bei dem es aber nicht bleiben darf. Eine Anhebung auf A14 ist dringend notwendig, um die Schulleitungsstellen überhaupt besetzen zu können. 194 Grundschulen sind derzeit ohne Schulleitung, ein weiteres Warnsignal für die Kultuspolitik. Wie Schulleitung attraktiver gemacht werden kann, zeigt das Land Nordrhein-Westfalen.

Die Aufhebung von „Zwangsteilzeit“ und Fristverträgen

An Förderschulen mit den Schwerpunkten geistige und körperlich-motorische Entwicklung sowie in inklusiven Klassen werden zahlreiche sozialpädagogische Fachkräfte (Sozialpädagog*innen, Erzieher*innen, Heilpädagog*innen, Motopäd*innen und Heilerziehungspfleger*innen) sowie therapeutische Fachkräfte (Ergo- und Physiotherapeut*innen sowie Logopäd*innen) und pädagogische Fachkräften für emotionale und soziale Entwicklung beschäftigt. Diese Fachkräfte sind zur Erfüllung des Bildungsauftrags unabdingbar. Umso unverständlicher ist es, dass das Land Niedersachsen sie nur in Teilzeit von maximal 80 Prozent beschäftigt. Diese Bedingungen sind weder für die Beschäftigten noch für die Schulen auskömmlich. Der Arbeitgeber muss, um attraktive Stellen im Landesdienst zu bieten, die Zwangsteilzeit endlich aufheben.

Auch vor dem Hintergrund, multiprofessionelle Teams ausbauen zu wollen, müssen diese Verträge angehoben werden. Wer auf 20 Prozent der Arbeitskraft verzichtet, trägt selbst zum Fachkräftemangel bei und missachtet notwendige Grundlagen für multiprofessionelle Teamarbeit!

Die Einrichtung eigener Haushaltsstellen im Etat ist dazu zwingend erforderlich.

Sehr geehrter Herr Tonne,

wir stehen an Ihrer Seite, wenn es um gute Bildung für unsere Schüler*innen und um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den Bildungseinrichtungen in Niedersachsen geht. Über die Umsetzung der aus unserer Sicht hierfür notwendigen Schritte möchten wir gern mit Ihnen in einen konstruktiven Dialog eintreten. Über einen Termin noch vor den Sommerferien würden wir uns freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Laura Pooth, GEW                      

Franz-Josef Meyer, VBE              

 Andrea Kunkel/Frank Stöber, SLVN   

Reinhard Fricke, vds                            

  Eva-Maria Osterhues-Bruns, Grundschulverband

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